Am 18. Juni fand das VOICE THEMENFORUM in Hamburg statt. Impulsvorträge von HPA CIO Lars Wentorp und Accenture-Innovation Profi Jan Lengfeld verdeutlichten, wie lohnend Innovation für Unternehmen, ihre Kultur und ihre Mitarbeiter sein können. Die Vorträge zeigten aber auch, wie herausfordernd es ist, eine Innovationskultur im Unternehmen zu verankern.
Als Nicht-Hamburger realisiert man gar nicht, dass die berühmte Speicherstadt für einige ein ganz normaler Arbeitsplatz ist. Das gilt zum Beispiel für die ITler der Hamburg Port Authority und ihren CIO Lars Wentorp, der als Gastgeber des VOICE THEMENFORUM in den 5. Boden eines der berühmten Speichergebäude eingeladen hat. Vielen Dank! Mit Boden bezeichnet man in den zwischen 1883 und 1927 erbauten Speichern übrigens die Stockwerke. Doch der Ort war der einzig historische Bezug des VOICE THEMENFORUM. Im 5. Boden des HPA-Speichers wurde eher Zukunft verhandelt. Die Frage war, wie sich Innovationsprozesse in Unternehmen beschleunigen lassen.
Praxistest für 5G
Dazu trug Lars Wentorp bei, der von den Erfahrungen der HPA berichtet, die sein Unternehmen mit dem Testfeld 5G-MoNArch gemacht hat, das Ende dieses Monats ausläuft. An dem von der EU mit 7,7 Millionen Euro geförderten Projekt sind neben dem Hamburger Hafen als Anwender federführend Deutsche Telekom, Nokia und Samsung beteiligt. Insgesamt sind 19 Partner involviert. Um das 8000 Hektar große Gelände des Hafens mit 5G zu versorgen, wurde eine 5G-Sendeanlage auf dem Hamburger Fernsehturm installiert. Gemeinsam mit den anderen Beteiligten baute die HPA Use-Cases auf, um vor allen Dingen Sicherheit und Zuverlässigkeit der neuen Funktechnologie zu testen. Und natürlich wollten die HPA und ihre Projektpartner in der Praxis erfahren, ob 5G in Bezug auf Bandbreite, Verlässlichkeit, niedrige Latenzzeiten und in Sachen Machine-to-Machine-Communication hält, was es verspricht. Der CIO der HPA, Lars Wentorp, bestätigte die Leistungsfähigkeit der Technologie. Die HPA testete anhand von drei Use Cases: Sensoren auf Barkassen, Anbindung einer Ampelsteuerung an das Port Traffic Management, Anbindung von AR- und VR-Technologien über 5G, um Anwendungen zu testen, die eine hohe Bandbreite benötigen.
Projekt geht weit über den 5G-Test hinaus
Der Testbetrieb, über den die HPA und die fördernde EU intensiv berichten, endet Ende Juni. Allerdings ist geplant, weitere Use Cases zu entwickeln und 5G vom Test- in den produktiven Betrieb zu überführen. Durch die Förderung des Testbetriebs durch die EU brauchte die HPA sehr viel weniger aufzuwenden, als wenn sie den Test in Eigenregie unternommen hätte. Außerdem ist natürlich die Beziehung zwischen Projektpartnern anders, als wenn es eine reine Kundenbeziehung gewesen wäre. Der Informationsfluss ist freier und intensiver.
In den anschließenden Fragen und Gesprächen machte Wentorp deutlich, dass die Wirkung des Projekts weit über das Testen von 5G hinausgeht. Das Projektteam bei der HPA hat es mit verschiedenen Informationsveranstaltungen, intensiver Online-Begleitung und diverser interaktiver Aktionen geschafft, große Teile des Managements und der HPA-Belegschaft für den 5G-Testbetrieb zu begeistern und sich mit neuen Ideen selbst zu involvieren. „Wir waren schon vor dem 5G-Projekt ein innovatives Unternehmen, aber MoNArch hat uns noch einmal einen Schub gegeben“, erzählt Wentorp. „Wir haben zwar nur mit drei Use Cases getestet, aber es sind unheimlich viele weitere gute Ideen und Projekte an uns herangetragen worden. Dieses Momentum wollen wir nutzen, um auch auf Dauer das ganze Unternehmen veränderungsbereit zu halten.“
14 Tipps zur Innovation
Den zweiten Impuls des Tages lieferte Jan Lengfeld, Leiter des Accenture Innovation Hub in Berlin. Er gab 14 wertvolle Tipps, wie sich Innovation und innovativer Geist in Unternehmen etablieren lässt. Dazu müssten sich Unternehmen grundlegend verändern. Es sei keineswegs damit erledigt, wenn nur neue Technologien und Services eingesetzt würden. Die Haltung, die Kultur eines Unternehmens müsse sich in Richtung Innovations- und Veränderungsbereitschaft wandeln. Wie nötig Unternehmen diesen Kulturwandel im Grund benötigen belegte Lengfeld mit einer Zahl aus einer Innovationsstudie von Accenture: Demnach bezeichnen sich nur 12 Prozent der Unternehmen als Innovationsführer, suchen also wirklich nach neuen Projekten, Produkten oder Geschäftsmodellen, der große Rest der Unternehmen sieht sich als Innovationsfolger oder als Innovationsnachzügler.
Damit Mittel, die in Innovation investiert werden, gut investierte Gelder sind, gibt Lengfeld folgende 14 Ratschläge:
- Du musst es wirklich wollen – Lippenbekenntnisse in Richtung Innovation reichen nicht aus. Das Top-Management muss Innovationskultur vorleben und entsprechende Kultur, Organisation und Strukturen schaffen, in denen Innovation gedeihen kann.
- Es ist ein langer und beschwerlicher Weg… Dieser Kulturwandel geschieht nicht über Nacht. Alle müssen sich auf eine mehrjährige Anstrengung gefasst machen. Auch Rückschläge müssen ertragen werden.
- Innovation muss Teil der Vision und Strategie sein. Nur wenn Innovation ernst genommen, der Weg dorthin mit Zielen und Maßnahmen belegt wird, kann Innovation Teil der Kultur und des Selbstverständnisses eins Unternehmens werden.
- Leg einfach los. Etwas ernst zu nehmen, bedeutet nicht, ewig das Für und Wider zu erörtern. Zum innovativen Geist gehört der Mut, etwas auszuprobieren, aber auch der Mut, Scheitern zuzugeben und nicht Projekte fortzuführen und mit Mitteln zu versehen, die nicht das bringen, was man erwartet haben. Hier gelten beide Sätze: Just do it, aber auch fail and kill fast.
- Innovation muss eng mit dem Core Business verknüpft sein. Innovation im Elfenbeinturm funktioniert nicht. Sie muss vom Core Business getrieben werden und darin verankert sein.
- Probiere Neues aus und verlasse die alten Wege. Nur die Nutzung neuer Technologien ergibt noch keine funktionierende Innovation. Es geht zum Beispiel auch um neue Teams, neue Arbeitsformen und neue Organisationsstrukturen. Sie helfen, die alten Denkmuster zu durchbrechen.
- Breche Hierarchien auf. In bestehenden Hierarchien Neues in die Welt zu setzen, funktioniert sehr selten. Wenn man beispielsweise auf Start-ups schaut oder auch große innovative Unternehmen zeichnen sie sich meistens durch flache Hierarchien und kooperative Arbeitsformen aus.
- Fördere Empathie im Unternehmen. Innovationen, die keiner benutzt, sind keine. Für erfolgreichere Neuerungen braucht es Mitgefühl, man muss verstehen, was der Kunde, der Geschäftspartner oder der Kollege braucht, um Innovationen erfolgreich zu realisieren.
- Baue tiefes Innovations Know-how auf. Um Innovationen nicht dem Zufall zu überlassen, braucht es tiefes Know-how, bezüglich Methoden, Innovations- und Change-Management, sonst ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass man nicht über Zufallsinnovationen hinauskommt.
- Setze auf das mittlere Management. Das ist der Schlüssel zum Erfolg. Das mittlere Management setzt um. Hier werden Innovationen realisiert und in die Abläufe des Unternehmens eingephast. Deshalb geht ohne das mittlere Management in Unternehmen nichts. Natürlich werden einige die Herausforderung annehmen und andere sich abwenden. Wenn der Innovationsprozess richtig aufgesetzt wird, sind letztere aber deutlich weniger.
- Verbünde dich mit der Jugend. Jüngere Mitarbeiter sind in der Regel enthusiastischer, sie möchten etwas bewegen, haben eigene Ideen und möchten selbst vorankommen. Veränderung und Innovationen kommen dieser Motivation entgegen. Bei Kunden verhält es sich ähnlich. Junge Kunden stehen Innovationen in der Regel positiver gegenüber als ältere.
- Orientiere dich am Kunden, nicht am Konkurrenten. Unternehmen, die sich konsequent an den Bedürfnissen ihrer Kunden orientieren sind deutlich erfolgreicher als diejenigen, die das machen, was der Mitbewerb bereits ausprobiert hat.
- Hänge nicht am Alten. Wer nicht bereit ist, alte Zöpfe abzuschneiden, bestehende Prozesse und überlebte Geschäftsmodelle aufzugeben, kann auf Dauer nicht erfolgreich innovieren.
- Besser schnell als perfekt und langsam. Das gilt besonders für die digitalisierte Welt, in der häufig der erste, der einen neuen Service oder ein neues Produkt auf den Markt bringt, eine dominierende Position erreichen kann. Hier stehen sich deutsche Unternehmen mit ihrem latenten Hang zum Over Engineering mitunter selbst im Weg. Also besser falsche Entscheidungen schnell korrigieren, als zu lange vorzubereiten.
Nach den beiden stark diskutierten Impulsvorträgen führte CIO Lars Wentorp die Teilnehmer des VOICE ENTSCHEIDERFORUM noch in das Innovation Lab der HPA, in der sowohl der inzwischen berühmte digitale Peiltisch in Aktion zu sehen war als auch mit Hilfe einer VR-Brille das gesamte Hafenareal inklusive der Bodentiefen in den Hafenbecken erkundet werden konnte. Den Abschluss des THEMENFORUM bildeten zwei Diskussionsgruppen, in denen sich die Teilnehmer zum einen über die Wege austauschten, wie sich in Unternehmen eine Innovationskultur etablieren lässt und zum anderen ganz konkret über die Vorteile von 5G für Unternehmen austauschten.