Der erste CIO-Erfahrungsaustausch des neuen Jahres am 12.01.2022 war Plattform für den ebenfalls ersten VOICE POLITIKTALK 2022. Den Fragen der knapp 100 anwesenden CIOs und Digitalentscheider stellten sich drei Vertreter der Ampelkoalition, die in den Koalitionsverhandlungen in der Arbeitsgruppe Digitale Innovation und Infrastruktur für ihre Parteien gesprochen haben: Falko Mohrs (SPD) , MdB und Mitglied im Digitalausschuss, Professor Andreas Pinkwart (FDP) ist Minister für Wirtschaft, Digitales, Innovation und Energie in Nordrheinwestfalen und Malte Spitz (Bündnis 90/Die Grünen), Mitglied im Parteirat der Grünen.
Priorisierte Bereiche
In ihren Eingangsstatements machten die Koalitionäre deutlich, welche Digitalisierungsbereiche in der aktuellen Koalition priorisiert werden. Dabei setzten sie allerdings individuelle Schwerpunkte. Als Prioritäten wurden genannt:
- digitale Infrastruktur – Glasfaser first im kabelgebundenen Bereich, im Mobilfunkbereich Flächenauflagen. In beiden Bereichen soll das Prinzip der Eigenwirtschaftlichkeit greifen. Allerdings soll dort gefördert werden, wo es privatwirtschaftlich keinen Sinn ergibt;
- Digitale Wettbewerbsfähigkeit der deutschen und europäischen Wirtschaft stärken – durch Know-how-Schutz und Innovations- und Forschungsförderung;
- Verwaltungsmodernisierung – Das Onlinezugangsgesetz umsetzen. Das Prinzip „einer für alle“ oder zumindest „einer für viele“ gelte es umzusetzen, wenn sich das Tempo in der Verwaltungsmodernisierung erhöhen soll;
- Datengesetz: Die vielen offenen und knifflig zu beantwortenden Fragen rund um Verarbeitung, Schutz, Verteilung und Zugang zu Daten sollen in einem eigenen Datengesetz geregelt werden.
Alle Politiker betonten, dass es beim Thema Digitalisierung nicht nur darum gehe, neue Vorschläge zu machen und Ideen zu entwickeln, sondern darum, schneller umzusetzen, was man sich vorgenommen habe. Der Umgang mit Ereignissen wie die Pandemie und die Hochwasser-Katastrophe in NRW und Rheinlandpfalz zeige eindrücklich auch die Defizite in der Digitalisierung auf, erklärte beispielsweise Professor Pinkwart. In eine ähnlich Kerbe schlägt SPD-Mann Mohrs, der in Sachen Verwaltungsmodernisierung anmahnte, die gesamten Prozessketten im Blick zu behalten und nicht nur das Frontend. Wenn hinten herum doch wieder Akten ausgedruckt, abgelegt und gefaxt würden, sei nicht viel gekonnt. Der Grüne Spitz betonte, dass die Verwaltungsmodernisierung keine Einmalaufgabe sei, sondern ein fortlaufendes Projekt.
Diskutierte Fragen
Im Anschluss an die Eingangsstatements schloss sich eine sehr lebhafte Diskussion aller Teilnehmer des CIO-Erfahrungsaustausches an. Es wurden Fragen erörtert wie
- Anwender an der politischen Meinungsbildung in Bezug auf IT und Digitalisierung stärker beteiligt werden können;
- wie bei der Politik ein besseres Verständnis für die Dringlichkeit der Digitalisierung erreicht werden kann;
- ob sich die DSGVO verändern muss, um sie handhabbarer zu machen;
- wie die Kommunen unterstützt werden, damit das Versprechen des Onlinezugangsgesetzes zwar nicht 2022 aber och in absehbarer Zeit eingelöst werden kann;
- wie sich gerade bei Subscrition basierten Geschäftsmodellen der Software- und Cloud-Anbieter monoplartige Strukturen und Lock-in-Gefahren eindämmen lassen;
- wie sich auf deutscher und europäischer Ebene mehr Wettbewerb im IT- und Digitalbereich schaffen lässt, damit Anwender mehr echte Auswahl haben;
- wie sich mehr Security schaffen lässt;
- wie sich der gravierende Fachkräftemangel im IT-bereich lindern lässt;
- und wie sich eine digitale Governance des Staates aussehen kann.
Insgesamt war der erste VOICE-Politiktalk dieses Jahres geprägt von echter Neugier der Anwender und von der Offenheit der Politiker, die durch ihre große Detailkenntnis viele der Teilnehmer positiv überraschen konnten. VOICE wird den Politiktalk fortführen und wahrscheinlich Ende März dieses Jahres den nächsten im Rahmen des CIO-Erfahrungsaustausch organisieren.